Prädiktive Planungsmethoden zur Reduktion von Abweichungen der Dauern in frühen Projektphasen von Bauprojekten

Promotionsthema Svenja Lauble

Ansprechpartner: Svenja Lauble

Motivation und Vorgehen

Viele bekannte Beispiele wie das Opernhaus in Sydney oder der Berliner Flughafen zeigen, dass die Realisierung eines Bauprojektes oft stark von der initialen Rahmenterminplanung abweicht. Dies hat weitreichende Folgen auf Kosten, Qualität oder die Reputation der am Projekt beteiligten Unternehmen.

Die Dauern von Projektphasen wird zuerst im Rahmenterminplan definiert. Die Rahmenterminplanung als erste Terminplanung von Bauprojekten wird häufig Monate oder sogar Jahre vor der eigentlichen Durchführung geplant. Aus diesem Grund müssen viele Unsicherheiten in der Planung Berücksichtigung finden. Weiter unterliegen Bauprojekte häufig systematischen Planungsfehlschlüssen.

Planungsfehlschlüsse wurden wissenschaftlich zuerst von Kahneman und Tversky (1977) beschrieben. Sie zeigen, dass Menschen bei der Planung von Projekten tendenziell die Zeit unterschätzen, welche benötigt wird, um das Projekt erfolgreich abzuschließen. Dies kann durch externe oder interne Faktoren bedingt sein. Grund dieser Planungsfehlschlüsse liegt nach Kahnemann daran, dass Planer häufig eine "interne Sicht" einnehmen und aktive Prozesse stärker gewichten, als das aktuelle Projekt mit Projektergebnissen historischer Projekte zu vergleichen.

Zur Reduktion von Planungsfehlschlüssen und Unsicherheiten kann u.a. die Anwendung modernster analytischer Techniken, die Verbesserung des Informationsaustausches und der ihrer Gewinnung genannt werden (Siemiatycki 2009). Diese haben die Anforderungen an eine möglichst hohe Prognosegenauigkeit sowie Erklärbarkeit, um Informationen zielgerichtet gewinnen und transparent austauschen zu können.

Mit Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) als prädiktive Planungsmethode und modernste Techniken werden Muster in Daten vergangener Projekte erkannt und auf neue Projekte übertragen. Häufig unterliegen diese Modelle einem Black-Box-Ansatz. Der Teilbereich erklärbarer KI-Methoden stellt gelerntes Wissen transparent und verständlich dar, so dass Informationen zu relevanten Merkmalen gewonnen werden können. Hier erfüllen KI-basierte Entscheidungsbäume nach Arrieta (2020) als einzige erklärbare KI-Methode die drei Kriterien der Erklärbarkeit: Simulierbarkeit, Zerlegbarkeit und algorithmische Transparenz. Verschiedene Modelle von Entscheidungsbäumen werden daher zur Analyse ausgewählt und mit bestehenden analytischen Modellen verglichen.

Fokus der Arbeit ist die Analyse, inwieweit prädiktive Planungsmethode zur Reduktion von Abweichungen der Dauern in frühen Projektphasen von Bauprojekten beitragen können.

Forschungsfrage(n)

Die zentrale Forschungsfrage der Arbeit ist:

Inwieweit können prädiktive Planungsmethode zur Reduktion von Abweichungen der Dauern in frühen Projektphasen von Bauprojekten beitragen?

Daraus lassen sich folgenden untergeordnete Forschungsfragen ableiten:

  • Welche Strategien unterstützen die Reduktion von Planabweichungen?
  • Wie zufriedenstellend sind prädiktive Planungsmethoden zur Rahmenterminplanung?
  • Inwiefern können im Vergleich zur Expertenintuition prädiktive Planungsmethoden Planabweichungen reduzieren?

 

In diesem Zusammenhang sind Aufgaben in u.a. folgenden Bereichen zu bewältigen:

  • Systematische Literaturrecherche zu analytischen Planungsmethoden für die Rahmenterminplanung
  • Durchführung einer empirischen Studie in der DACH-Region zu Einflüssen von Strategien auf die Reduktion von Planabweichungen
  • Durchführung einer empirischen Studie zur Erwartungshaltung von Abweichungen vom Rahmenterminplan als Vergleichswert der Prognosegenauigkeit von prädiktiven Planungsmethoden
  • Vergleich und Bewertung der Prognosegenauigkeit von prädiktiven Planungsmethoden anhand beispielhafter Datensätze
  • Vergleich der Prognosegenauigkeit prädiktiver Planungsmethoden und der Expertenintuition anhand eines beispielhaften Datensatzes

Bisherige Ergebnisse

  • Es sind vorrangig statistische Korrelationen und einfache Hochrechnungen in bestehenden Literaturquellen zu finden. Bei prädiktiven Planungsmethoden sind insbesondere Künstliche Neuronale Netze zu finden. Diese folgen dem ‚Black-Box‘-Ansatz und sind nicht erklärbar. Entscheidungsbäume finden bisher unzureichend Betrachtung als Gegenstand der Forschung zur Reduktion von Planabweichungen von Dauern in Bauprojekten.
  • Die empirische Studie in der DACH-Region hat gezeigt, dass der Zugriff auf Wissensdatenbanken historischer Projekte eine statistische signifikante Strategie ist, um Planabweichungen von Dauer zu reduzieren.
  • Die zweite empirische Studie hat gezeigt, dass gemittelt 28% Abweichungen vom Rahmenterminplan als noch zufriedenstellend bewertet werden.
  • Ein Vergleich von Entscheidungsbäumen mit KNNs und einfachen Hochrechnungen zeigt, dass Entscheidungsbäume die besser Prognosegenauigkeit aufweisen. Diese genügen dem ermittelten Grenzwert von 28% je nach Aufbau und Größe des Datensatzes.

Quellen

Alejandro Barredo Arrieta, Natalia Díaz-Rodríguez, Javier Del Ser, Adrien Bennetot, Siham Tabik, Alberto Barbado, Salvador García, Sergio Gil-López, Da-niel Molina, Richard Benjamins, et al. Explainable artificial intelligence (xai):Concepts, taxonomies, opportunities and challenges toward responsible ai.Information Fusion, 58:82–115, 2020.

Daniel Kahneman and Amos Tversky. Intuitive prediction: Biases and corrective procedures. Technical report, Decisions and Designs Inc Mclean Va, 1977.

Matti Siemiatycki. Academics and auditors: Comparing perspectives on transportation project cost overruns. Journal of Planning Education and Research, 29(2):142–156, 2009.